Für die heutige Fahrt hatte ich die mit der BahnCard angesammelten Bonuspunkte in ein 1. Klasseticket umgewandelt. Sah dort nett aus mit sehr bequemen Sesseln und ich hatte einen Einzelplatz erwischt, auf dem ich mich nach Herzenslust räkeln und Strecken konnte, ohne jemandem ins Gehege zu kommen. Der Lokfahrer gab Gas, sodass wir die Hansestadt pünktlich hinter uns ließen. Doch es wäre zu schön gewesen, wenn nicht irgendetwas passiert wäre.
Unterwegs zeigte ein Zugbegleiter sein ganzes Talent als verhinderter Wortakrobat. Plötzlich verkündete er per Lautsprecher 2 mal: „Liebe Fahrgäste, wir brauchen Ihre Mithilfe“. Doch damit hatte er die Latte hochgelegt und jeder wartete gespannt, ob jemand Hilfe braucht oder etwas schlimmes passiert ist. Aber der gute Mann konnte die hohen Erwartungen an die weitere Meldung nicht erfüllen, denn er hatte nach einigen Unterbrechungen und Stammeln nur zu vermelden, dass die Klimaanlage in Wagen 9 defekt ist.
Gut, einige Türen und Toiletten waren ebenfalls defekt und deswegen gesperrt, doch mit dem Hinweis auf die kaputte Klimaanlage konnte die ansehnliche Störungsammlung um einen legendären Klassiker ergänzt werden. Eine Mitreisende benutze das „böse“ Wort vom Schrott auf Schienen und erntete durchaus Zustimmung. Der Zugbegleiter hatte aber einen neuen Trick auf Lager, den selbst ich nach vielen Jahren Bahnfahren noch nicht kannte: Er holte die moralische Kelle raus und bot den Personen in Wagen 9 an, entweder durchzuhalten oder ihm bescheid zusagen, dann müsste der vollbesetzte Zug aber in Osnabrück halten, was nach Ende der Fahrt klang. Wenige Minuten später teilte er mit, er habe nun entschieden, durchzufahren und schob bedeutungssschwanger nach: „Ich bin mir sicher, wir schaffen das gemeinsam“. Damit hatte er in meinem Wagen Lacher und Kopfschütteln klar auf seiner Seite. In meinem Wagen war die Klimaanlage aber auch nicht auf zack, die Kühlung konnt nicht viel und so wurde es muckelig warm.
Doch das war noch nicht alles, denn in der Gegend von Osnabrück gab es eine Oberleitungsstörung. Auch etwas, wo man ganz besonders heftig Beifall klatscht. Aber dann verkündete der gleiche Bahnmitarbeiter am Mikrofon, von vielen Pausen unterbrochen, dass wir anders als zunächst geplant nicht mit 40 minütiger Verspätung umgeleitet werden, sondern in Osnabrück auf die Freigabe warten, was nur 30 Minuten kostet. Die 30 Minuten hielten wir dann auch bis Düsseldorf durch. Wie so oft in letzter Zeit war eine Entschuldigung für die vielen Störungen und die Verspätung mal wieder Fehlanzeige.